Krise? Welche Krise? Premiere im Tempodrom

Von der Kulturarena zum Pleitegeierlandeplatz? Auch wenn dem Tempodrom am Anhalter Bahnhof derzeit eine Zukunft irgendwo zwischen Millionengrab und Bauruine prophezeit wird, fließt der Sekt in Strömen. Häppchen werden gereicht. In der kleinen Arena erlebte die Reihe «Der blaue Montag» ihre Premiere, die künftig jeweils zum Wochenbeginn das Beste, was auf Berlins Club-, Kabarett- und Varieté-Bühnen gastiert, in einer bunten Show gebündelt vorstellen will. «Dienstleistung als lebende Stadtzeitung» – wie es Initiator Arnulf Rating nennt.

Die Idee ist nicht neu. Schon vor 12 Jahren hatte Rating im ehemaligen Quartier-Varieté zum blauen Montag geladen. Bis das Quartier zum Wintergarten wurde. Nun wird die Tradition wieder aufgenommen. Drei Musiker des Palastorchesters firmieren als Hausband namens Graf Kooks Trio. Rating moderiert von einer Couch am Bühnenrand. Ali und Frank, zwei Jungs auf BMX-Rädern, eröffnen artistisch die üppig bestückte Show.

Jeweils ein Bezirk soll im Mittelpunkt stehen. Heute: Reinickendorf. Während die Liedertafel Bianca Castafiore die Reinickendorf-Hymne «Du Perle von Berlin» singt, hisst Rating die Bezirksfahne. Komödiant Fil ist dabei als Vertreter des Märkischen Viertels, «wo die Leute wohnen, die man immer in den Nachmittagstalkshows sieht». Und Kabarettist Frank Lüdeke mimt den derben Reinickendorfer Fleischermeister.

Es geht Schlag auf Schlag. Mit Ulrich Michael Heissig als Irmgard Knef. Mit Luise Kinseher als niederbayerische New-Economy-Gewinnerin. Mit Polit-Parodist Rainer Kröhnert, Dichterleser Wiglaf Droste, Neukölln-Komiker Kurt Krömer und einem wunderbaren Gast aus London: der Comedy-Cellistin Rebecca Carrington. Ein gelungener Einstand. pem

© Berliner Morgenpost, 22.01.2003