Erst das Bier schärft die Sinne

Thomas Kapielski ist Gast beim Blauen Montag

Die längste Zeit seines nunmehr über 40-jährigen Lebens war Thomas Kapielski lediglich einem eingeschworenen Berliner Boheme-Kreis bekannt. Ein Kneipen-Intellektueller mit klassischer Bildung, der sich dazu bekennt, dass erst mit einer ausreichenden Menge Bier sich die Sinne schärfen und die Gedanken wahre Brillanz entwickeln. Ein Multitalent, das als Musiker, Objektkünstler, Fotograf und Vortragsreisender dem Klischee des verkannten Künstlers und Kreuzberger Hinterhaus-Philosophen entspricht. Seine Bücher tragen geschraubte Titel wie "Sozialmanierismus. Je Dickens destojewskij" oder "Danach war schon - Gottesbeweise I-VIII", und erblickten nur Dank engagierter Kleinverleger wie Karin Kramer und Merve das Licht der Welt. Es handelt sich um stilistisch makellose Plaudermaschinen, eine Ansammlung tagebuchartiger Mini-Essays, die weder auf tiefsinnige Aphorismen noch auf gemeine Kalauer und Zoten verzichten.

Dass Kapielski nun doch noch zum Bestseller-Autor wurde, lag am Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb: Auf dem sorgte er 1999 für Heiterkeit und Aufsehen. So kam es, dass sein Konterfei plötzlich auf den Tragetüten von Zweitausendseins prangte, man ihm den Ben-Witter-Preis verlieh und die Braunschweiger Kunsthochschule ihn zum Professor für Performance machte. Kapielskis Leben als nunmehr feuilletongefeierter Autor sorgt für jede Menge neues Material: kuriose Begebenheiten, hintergründige und abseitige Alltagsbeobachtungen und flott notierte Geistesblitze.

Blauer Montag am 10. März im kleinen Saal des Tempodroms. Beginn 20 Uhr. Weitere Gäste: Theatersport Berlin, Hannes Heesch, Kurt Krömer, Wiglaf Droste, fourschlag, Wolfgang Nitschke und Inder Manocha.

Axel Schock

© Berliner Zeitung, 04.03.2003