Scheinbare Harmlosigkeit mit Tücken

Das Kabarett-Duo Malediva beim Blauen Montag

Auch wenn in den vergangenen Jahren immer wieder von einem Boom der Kleinkunst- und Chansonszene gesprochen worden ist; aus den Scharen junger Nachwuchskünstler haben es nur wenige geschafft, etwas unverwechselbar Eigenes zu schaffen und ihre Zuschauer wie die Presse gleichermaßen zu begeistern. Für das, was dem kabarettistischen Chansonduo Malediva alias Tetta Müller und Lo Malinke gemeinsam mit ihrem Pianisten und Komponisten Florian Ludewig in nur wenigen Jahren gelungen ist, müssen sich andere Kollegen eine halbe Karriere lang abstrampeln. Bereits mit ihrem zweiten Programm "große kundsd" heimsten Malediva jedenfalls viele wichtige Preise ihres Genres ein, darunter die St. Ingberter Pfanne und den Kritikerpreis der Berliner Zeitung.

Ihre Heimat, dem hessischen Bergland, haben Malediva längst den Rücken gekehrt, stattdessen Berlin zum Lebensmittelpunkt erkoren. Die Erinnerungen an ein Leben unter Kühen und mit schlechten Busverbindungen tauchen allerdings immer wieder in ihren Programmen auf: als aberwitzige Geschichten von fetten Kusinen, die Nachbarskindern die Finger brachen oder von einer geplanten Verschwörung der dicken Mädchen, die die Weltherrschaft übernehmen werden – und alle sofort erschießen, die sich beim Italiener nur einen kleinen Salat bestellen.

Malediva geben sich auf der Bühne ganz still und dezent. Mit fast schon kargen Mitteln und aufs Wesentliche konzentriert singen und erzählen sie, liefern sich kleine Wortgefechte und Sticheleien unter Geliebten, präsentieren dem Publikum zumeist schlicht auf ihren Barhockern sitzend ihre poetischen Chansons. Doch diese scheinbare Harmlosigkeit hat Tücken. Ihre feinen Alltagsbeobachtungen kompimieren sie zu sprachlich geschliffenen Geschichten und Liedern, die sich plötzlich und unerwartet ins Absurde wenden und geradezu groteske Züge annehmen. Die Boshaftigkeit zeigt dabei stets ein mildes Gesicht, und das Kratzen in den Wunden geschieht mit einem verständnisvollen Lächseln: Viele Leute nennen das "große kundsd".

Axel Schock

© Berliner Zeitung, 29.04.2003