KABARETT

Blauer Montag, schlaflose Nächte

Wenn der Kabarettist Arnulf Rating zum 100. Blauen Montag in die Kleine Arena des Tempodrom lädt (101. Show am 20.Juni, Tel. 308785685), dann gibt es zu Beginn Geburtstagskuchen und zum Schluss ein Ständchen. Zwischendrin präsentiert der Gastgeber, wie an 99 Montagen seit Januar 2003, ein buntes Dutzend Komödianten, Freaks, Sänger, Literaten und Akrobaten. Dabei sind Ratings Scherze eher lau, überhaupt sind seine politischen Pointen auffällig unoriginell an diesem Abend. Auch die anderen Komiker arbeiten sich hilflos an Merkels Äußerem oder Stoibers Ehefrau ab. Solche Bärte. Aber die Nummernrevue bietet auch Überzeugendes: Wiglaf Droste liest eine ätzende Beziehungsglosse, singt ein Westernlied und schlägt, hui, zwei Räder. Atemberaubend ist, wie BMX-Akrobat Frank Wolf mit seinem Minifahrrad über die Bühne wirbelt.

Das A-Capella-Quintett Pitch Pipe Project singt technisch glänzend, wenn auch textlich handzahm. Ihre Wannsee-Hymne über die einzupackende Badehose leitet Klaus Nothnagels witzige Rubrik „Bezirk des Monats“ stimmungsvoll ein. Großen Applaus gibt es für das dynamische Comedy-Duo „First Ladies“ und „Sleepless Night“, einem Tanzduett am von der Decke hängenden Tuch. Jochen Falck ist mit seinen selbstgebastelten Requisiten ein ebenso sympathischer Spontangast wie der Waliser Noel James. Auch Arnulf Ratings 100. Überblick über die Berliner Bühnenlandschaft ist kurzweilig und zeigt so manch artistisch Beglückwünschenswertes. Trotzdem würde man sich gern auch inhaltlich mehr überraschen lassen. Vielleicht beim nächsten Jubiläum.

Jan Oberländer

© Der Tagesspiegel, 09.06.2005